Das Aus für endlose Rechtsstreitigkeiten – Jagdgesetznovelle bringt neue, zielgerechte Lösung im Umgang mit einzelnen jagdbaren Tierarten

 

„Die aktuelle Bewilligungssituation und damit die bestehende Rechtslage stellte sich in vielen Fällen als unbefriedigend dar. Bei Problemen mit einzelnen Individuen einer jagdbaren Tierart war es zwar möglich einen Entnahme-Bescheid durch die Landes- und Bezirksverwaltungsbehörden in die Wege zu leiten, danach aber blieb Betroffenen nichts anderes übrig als die Hände in den Schoss zu legen und darauf zu hoffen, dass Naturschutzorganisationen keine Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung erhoben – was so gut wie nie der Fall war. Der Beschluss des OÖ Landtags in Ausnahmefällen durch die Möglichkeit einer Verordnungsermächtigung für eine praxisgerechte Handhabe im Umgang mit einzelnen jagdbaren Wildtierarten zu sorgen, schafft nun ein geeignetes Abhilfeinstrument. Langwierigen Verwaltungsverfahren auf Kosten unmittelbar betroffener Bewirtschafter, aber auch der Gesellschaft, wird so der Riegel vorgeschoben. Maßnahmen mit dem Ziel eines konfliktarmen Nebeneinanders von Mensch und Wildtieren können damit innerhalb strenger Rahmenbedingungen zielgerichteter durchgeführt werden. “

Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger

Viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Das gilt auch im übertragenen Sinn bei Bescheidverfahren zur Abweichung von festgelegten Schonzeiten jagdbarer Wildtiere. Denn da schlugen sich zuletzt immer wieder die den Entnahme-Bescheid ausstellenden Bezirks- und Landesverwaltungsbehörden mit Einsprüchen von diversen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) herum. Während aber die beiden „Köche“ über dem Herdfeuer der Verwaltungsgerichte stritten, kochte das eigentliche Problem über. Leidtragende waren nicht nur Jäger(innen) und Landwirt(innen), sondern auch die Nutztiere, Baum- und Fischbestände, die von jagdbaren Wildtieren wie zum Beispiel dem Fischotter, dem Wolf oder Rotwild-Rudeln in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Abhilfe schafft nun eine Novelle des Oö. Jagdgesetzes, die am Donnerstag, den 16. Dezember 2021 im oberösterreichischen Landtag auf Betreiben der OÖVP gemeinsam mit der FPÖ beschlossen wird. Laut Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger war diese Entbürokratisierung des Jagdrechts längst überfällig: „Die rechtlichen Bestimmungen haben es bislang nur mit großer Zeitverzögerung ermöglicht, auf aktuelle Problemstellungen mit einzelnen Individuen einer Tierart zu reagieren. Den Betroffenen waren bis zur endgültigen Entscheidung, die sich aufgrund von Einsprüchen oft lange hinzog und vor Gerichten ausgefochten wurde, die Hände gebunden.“

Die „Misere des untätigen Zusehens“ sei nun mit der neu geschaffenen Möglichkeit einer Verordnungsermächtigung beendet. Sie erlaubt es bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen gezielt Tiere die ein konfliktarmes Nebeneinander gefährden zu entnehmen, unabhängig von deren Schutzstatus oder etwaigen Schonzeiten.

Das bedeute aber nicht, dass versucht werde den Schutzstatus von Wolf, Otter und Co. auszuhebeln. „Die Verordnungsermächtigung ist legistisch so angelegt, dass sie nur in absolut begründeten Ausnahmefällen und unter strengen Vorgaben zur Umsetzung kommt“, beruhigt Langer-Weninger in Richtung Zivilbevölkerung und NGOs. Die Agrar-Landesrätin meint weiter: „Dadurch wird die traditionelle Alm- und Weidewirtschaft in Österreich sowie die Flora und Fauna nachhaltig geschützt und gestärkt.“

 

Notwendige Handhabe für Extremfälle

Fragt man die Bäuerinnen und Bauern im Land, so wünschen sie sich schon lange eine Handhabe für Extremfälle in denen Wildtiere die Bewirtschaftung auf untragbare Weise erschweren. „Keiner kann von den Land- und Forstwirten erwarten, untätig zuzuwarten, wenn Nutztiere von Problemwölfen im Blutrausch gerissen werden, die frisch aufgeforstete Waldfläche vom Wild verbissen wird oder der Fischotter die Teichanlage bis auf den letzten Fisch ausräumt“, stellt Michaela Langer-Weninger klar.

Bescheide, die in der Vergangenheit eine Handhabe also Entnahme ermöglicht hätten, wurden aus Prinzip von Naturschutzorganisationen mittels Bescheid (inklusive aufschiebender Wirkung) bekämpft. Die Folge: langwierige, kostenintensive Verfahren die ins Leere führten. Mit Ergänzung des § 48 Oö. Jagdgesetzes um den Absatz 8 gibt es jetzt zumindest eine adäquate Behelfsmöglichkeit in Form der Verordnungsermächtigung.

Oberösterreich ist mit Verordnungsermächtigung in guter Gesellschaft

Oberösterreich ist nicht das erste und sicher auch nicht das letzte Bundesland, dass sich eine Handhabe im Umgang mit derartigen Problemstellungen – für den Fall der Fälle – zurecht gelegt hat. Salzburg, Tirol und Kärnten haben ebenfalls durch unterschiedlich ausgestaltete Verordnungen die Möglichkeit geschaffen von zahnlosen Bescheidverfahren Abstand zu nehmen und bei Konflikten zwischen Mensch und Wildtier regulierend eingreifen zu können.

NGOs wollen naturgemäß nichts von Ausnahmemöglichkeiten oder der Schaffung solcher wie im Fall der Oö. Jagdgesetznovelle wissen – auch weil sie sich dadurch in ihren Rechten beschnitten sehen.

Im Konkreten geht es den Organisationen um ihre in der Aarhus-Konvention festgehaltene Parteistellung und die daraus resultierende Befugnis Rechtsmittel in Umweltangelegenheiten einzulegen. Mit Gegenwind im Zuge des Landtagsbeschlusses und etwaiger medialer Kritik seitens der Naturschutz- und Umweltorganisationen ist also zu rechnen. Auch das Damoklesschwert eines unionsrechtlichen Verfahrens vor dem EuGH, angeregt durch NGOs, schwebt über der Gesetzesänderung. Um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, wurde daher festgelegt, dass jeder, auf § 48 Absatz 8 Oö. Jagdgesetz basierenden Verordnung, eine fachlich fundierte Einschätzung zu Grunde liegen muss.

Foto: BMLRT; Verwendung nur mit Quellenangabe